Unser Partner Rechtsanwalt und Strafverteidiger Christian Lödden durfte als Interviewpartner an der sehr gut recherchierten Reportage „The Crime Messenger“ und dem Podcast „Lösch alles, Bro“ von ZDF, Papertrail Media und Hauseins mitwirken.
Diese packende Reportage und der Podcast beleuchten einen der bedeutendsten Eingriffe in die Privatsphäre, der jemals von europäischem Boden aus organisiert wurde – und zwar durch Europol. Im Fokus steht der Anbieter für verschlüsselte Kommunikation: SkyECC.
Die französischen, niederländischen und belgischen Strafverfolgungsbehörden haben unter der Leitung vor Europol über 20 Monate sämtliche Kommunikations-, Verbindungs- und Standortdaten von 170.000 Nutzern, insgesamt über eine Milliarde Nachrichten, weltweit abgefangen. Der Verdacht gegen die einzelnen Nutzer habe sich aus der reinen Nutzung einer verschlüsselten Kommunikationsplattform ergeben.
Neben den mächtigen Bildern und Geschichten von Drogenfunden und Verbrechen, überrascht die entwaffnende Ehrlichkeit der Sicherheitsbehörden.
Ein besonders bemerkenswerter Moment in der Reportage ist, als die Direktorin von Europol die Maske fallen lässt und in Bezug auf Messengerdienste wie WhatsApp und Signal offenbart, dass man nach
den jüngsten Erfolgen nicht mehr nur auf „Backdoors“ setzen möchte, sondern eine „Frontdoor“ anstrebt. Dies bedeutet einen grundlegenden Wandel im Umgang mit dem Schutz der Privatsphäre – und
wirft fundamentale Fragen auf.
Ein weiteres Highlight ist die Aussage eines Abteilungsleiters des Zollkriminalamtes, wonach solche Überwachungsmaßnahmen in Deutschland rechtlich nicht möglich wären und man deswegen gerne auf Datenlieferungen aus anderen europäischen Ländern zurückgreift.
Diese Reportage zeigt eindrücklich das Spannungsverhältnis zwischen dem Schutz der Privatsphäre der Bürger und dem legitimen Interesse von Staaten an der Strafverfolgung. Wie viel Privatsphäre sollten wir für Sicherheit opfern? Wo ziehen wir die Grenze zwischen staatlicher Überwachung und persönlicher Freiheit? Kann die Aufklärung von schweren Straftaten eine unionsrechtswidrige Massenüberwachung rechtfertigen?
Wir sind schnell dabei, mit dem Finger auf Staaten wie China und die USA zu zeigen, wenn es darum geht, eine Totalüberwachung anzuprangern. Gleichzeitig lassen wir uns von mächtigen Bildern und markanten Zitaten aus einzelnen Chats blenden, wenn dasselbe vor unserer Haustür geschieht. Hier wäre es an der Justiz, diesem blinden Ermittlungseifer der Strafverfolgungsbehörden, die offensichtlich jedes Maß und Gespür für Verhältnismäßigkeit verloren haben, einen Riegel vorzuschieben.
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